Spitze,  Nähen

Einen edwardianischen Unterrock nähen

Ich bin bei einer Recherche über armenische Spitze gestolpert, eine für mich neue Technik der Spitzenherstellung, und dachte, ein edwardianischer Unterrock wäre das perfekte Projekt, um eine solche neue Technik auszuprobieren. Wenn es nicht klappt, trage ich einfach einen Rock darüber und niemand sieht es.
Aber zuerst brauche ich den Petticoat selbst. Ich habe ein Schnittmuster nach einem Butterick-Schnitt von 1908 angefertigt, das ich digital vergrößert und geplottet habe.

Ich habe die Teile mit der extra breiten Nahtzugabe für eine französische Naht zugeschnitten, damit ich keine unversäuberten Nahtzugaben habe. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, die Nahtzugabe richtig abzuschätzen, denn ich wollte eine Nahtzugabe von 5 mm haben und dann nach dem Umbügeln eine von 1 cm, aber das war beim Nähen sehr schwer abzuschätzen, und ich war einfach zu faul, die Nahtzugabe mit Schneiderkreide zu markieren oder gar zu heften.

Meine Lösung war, einfach mit paar Post-its die richtigen Abstände von der Nadel meiner antiken Nähmaschine zu markieren. Das hat mir sehr geholfen, war aber ziemlich provisorisch... Nichtsdestotrotz habe ich so die meisten Nähte fertiggestellt.

Nur die hintere Raffung am Bund habe ich von Hand genäht, da ich wollte, dass die Raffung ordentlich verteilt ist.

Für die nächsten Nähte, die der Rüsche, hatte ich ein neues altes Spielzeug zur Verfügung: ein Abstandshalter. Mit dessen Hilfe kann man die Breite der Nahtzugabe bestimmen. Offenbar hat man schon früh verstanden, dass dies eine praktische Funktion ist. Glücklicherweise hatte ich eine ähnliche Vorrichtung an einer anderen alten Maschine gesehen und vermutet, dass dies die Funktion sein könnte. Dank Ebay habe ich einen passenden gefunden. Auf diese Weise kann ich ganz einfach den richtigen Abstand für jede Nahtzugabe einhalten.

Dann habe ich mit dem Rollsaumfuß, der auch in meinem gekauften Kästchen war, alle Säume versäubert, auch wenn sie mit Rüschen versehen werden sollten.

Für die Raffung der Rüschen habe ich mit sehr großen Stichen an einer Kante der Rüschen entlang genäht, mit einem Faden, den man gut sehen kann, der aber nicht zu sehr auffällt, wenn man ihn später nicht herauszieht. Damit kann ich dann relativ schnell die Raffungen machen. Ich habe darauf geachtet, dass ich nicht länger als 1 m am Stück nähe, damit es nicht so schlimm ist, wenn der Faden reißt, und ich schneide auch die Enden so lang wie möglich ab. So kann ich sie nicht aus Versehen auf einer Seite herausziehen. Dann war es Zeit für die eigentliche Raffung, und es fühlte sich an, als gäbe es kein Ende bei dieser Aufgabe...

Um die Position der Rüschen am Rock zu prüfen, musste ich ihn meiner Schneiderpuppe anziehen. Da ich kein schmales Band zum Schnüren hatte, habe ich eines gehäkelt und es dann in den Bund eingenäht. Davor musste ich den Bund noch versäubern, was ich von Hand erledigte.

Und dann konnte ich mich endlich daran machen, die Rüschen am Saum des Rocks zu verteilen.
Agnes Walker schreibt in ihrem Buch "Needlework and Cutting Out "[...] Die Regel für das Verhältnis zwischen dem Band und dem gerafften Stoff ist, dass das Band die Hälfte der Länge des Stoffes betragen sollte".
Ich hatte mich bei der Länge der Rüsche irgendwie verrechnet und konnte sie weder richtig verteilen noch mit der Maschine annähen, ohne dass die Nahtzugabe auf der Vorderseite immer wieder auftauchte. Also habe ich ein paar Stunden damit verbracht, die unterste Rüsche von Hand anzunähen, denn irgendwie konnte ich mich einfach nicht dazu durchringen die Rüsche zu kürzen.

Nachdem ich mich durch den Rüschenhimmel gekämpft hatte, warteten weitere Rüschen auf mich, denn was ist ein Unterrock ohne viele Rüschen? Den Volant habe ich wie die erste Rüsche mit der Maschine gerafft und mit Zollstock und Schneiderkreide die gewünschte Höhe für den Volant markiert. Dann habe ich die Rüsche entlang dieser Markierungen festgesteckt. Dabei habe ich immer darauf geachtet, dass die Nahtzugabe nach unten zeigt und damit später unter dem Volant liegt. Ich habe den Volant mit der Maschine angenäht und im Vergleich zum Annähen von Hand war er im Handumdrehen befestigt.

Natürlich waren das nicht genug Rüschen und ich fügte die letzte Rüsche über dem Volant hinzu. Diese ist nur wenige Zentimeter von der vorherigen Naht entfernt, so dass sie später schön über den Volant reicht und die Naht darunter verdeckt. Diesmal habe ich die Rüschen beim Nähen mit einer Stricknadel heruntergedrückt, was verhindert, dass Teile der Nahtzugabe unter der Naht nach vorne geschoben werden.

Dann war es an der Zeit, die Spitze am Volant des edwardianischen Unterrocks anzubringen. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, wie lange das dauern würde. Zunächst kannte ich die gewählte Technik nicht. Ich hatte nur ein paar Bilder im Internet gefunden und war von der Ästhetik sehr angetan. Ich war froh, dass ich den türkischen Namen "İğne Oyaları" gefunden habe denn die einzige englische Übersetzung, die ich finden konnte, war "Armenian lace" und es war so relativ schwierig, Anleitungen zu finden.
Trotzdem habe ich es irgendwie geschafft, die Grundlagen zu verstehen und einige Tests anzufertigen. Aber schon bald merkte ich, dass das komplizierte Muster, in das ich mich verliebt hatte, meine Fähigkeiten überstieg. Also musste ich einen Schritt zurücktreten und ein weniger schwieriges Muster wählen.

Langsam lernte ich, den Faden einmal vor und einmal hinter der Nadel zu platzieren, um die stabilen Knoten zu erhalten, und später einige Perlen für einen kleinen Glitzereffekt hinzuzufügen.
Zum Glück hatte ich gerade genug Perlen, es waren nur ein paar fehlerhafte Perlen übrig, der Rest der Schachtel landete in der Spitze.

Ehrlich gesagt, finde ich die Spitze ziemlich grob, aber das mag vor allem an dem recht dicken Garn liegen. Trotzdem habe ich die Grundlagen dieser Technik gemeistert und werde vielleicht eines Tages eine andere, kürzere Spitze mit einem viel feineren Garn machen...

 

Der gesamte Prozess und ein bisschen mehr zu meinen Gedanken ist den beiden Videos unten zu sehen: two videos below:

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Verwendetes Material:

  • 4 m weiße Popeline
  • Weißes Nähgarn aus Baumwolle
  • Weißes Häkelgarn No. 30
  • Transparente Rocailles

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